Dorf Mulang – Ein chinesisches Kleinod in Kassel (Teil 3)
„Wir nennen das Gebäude Mulang 8“, sagt Tim Schrader. Gemeint ist damit die Hausnummer 8 in der Mulangstraße, eines der Häuser im oberen Teil der Straße. An Mulang 8 wird, wie an mehreren anderen Häusern auch, gerade gearbeitet. Ein Blick hinein verrät, wie viel Mühe es macht, die Häuschen zu erhalten. Hier wird nicht restauriert, nicht renoviert, hier wird instandgesetzt. Heißt: Das Gebäude soll möglichst in einem historisch einwandfreien Zustand bleiben. Da gilt es manchmal auch, Dinge zurückzubauen, die irgendwann einmal in die historische Bausubstanz eingebracht wurden, dem ursprünglichen Zustand aber nicht entsprechen. Instandhaltung sei, erklärt Schrader, eine stetige Gratwanderung zwischen Erneuern und Erhalten. Mulang 8 ist ein gutes Beispiel dafür. Früher seien im Obergeschoss des Hauses, das ursprünglich einmal ein Stall war, nur sehr kleine Fenster gewesen, da dort vermutlich Heu oder ähnliches gelagert wurde. Hölzerne Bögen haben das Haus verziert. Vor einigen Jahrzehnten wurden die Bögen zerschnitten, um die ehemals sehr kleinen Fenster zu vergrößern. Auf diese Weise wurde die Außenansicht des Gebäudes stark verändert. Was also ist der Zustand, in den das Gebäude wieder zurückgebracht werden soll? „Wir haben uns entschieden, die Fenster wieder zu verkleinern und die Bögen wiederherzustellen“, sagt er. Nur so sei es möglich, die ursprüngliche Nutzung wieder sichtbar zu machen – aber: Da heute Menschen dort leben sollen, „ist es ein ständiges Abwägen zwischen Wohnkomfort und denkmalpflegerischen Belangen.“ Auch im Inneren versucht man die historische Substanz zu erhalten. Nicht immer leicht, sagt Tim Schrader, denn man wisse vorher nicht, was man finde, wenn man mit den Arbeiten beginnt: Welche Materialien warten unter dem Putz auf die Arbeiter, welche Farben wurden genutzt? Immer versuchen die Bauherren, die historischen Materialien zu benutzen – auch wenn sie diese dafür erst wieder neu „erfinden“ müssen. Schrader beschreibt das als Lernprozess, der es immer wieder nötig mache, neu zu denken, sich in die Zeit des Entstehens hineinzuversetzen, den ursprünglichen Zweck des Gebäudes zu studieren und es dann behutsam an die neuen Zwecke anzupassen. Es verwundert daher auch nicht, dass Instandhaltungsprozesse recht lange dauern. Doch was macht das schon, wenn das Ergebnis am Ende stimmt und das Dorf Mulang wieder das ist, was es seit seiner Konzeption sein sollte: Ein Zierdorf voller Leben.
Vorheriger Teil der Artikelserie:Dorf Mulang – Ein chinesisches Kleinod in Kassel (Teil 2)
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Veröffentlicht am 28.12.2020
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